Dienstag, 16. Oktober 2018

[Rezension] Alice - Alice Chronicles 1 - Christina Henry



English book
Autor: Christina Henry
Verlag: Ace Books
Seitenzahl: 325
Format: Paperback
Preis: 8,99€
ISBN: 978-0425266793
Erscheinungsdatum: August 2015

Hier gelangst Du zur Autorenseite




Inhalt
In a warren of crumbling buildings and desperate people called the Old City, there stands a hospital with cinderblock walls which echo the screams of the poor souls inside.
In the hospital, there is a woman. Her hair, once blond, hangs in tangles down her back. She doesn’t remember why she’s in such a terrible place. Just a tea party long ago, and long ears, and blood…
Then, one night, a fire at the hospital gives the woman a chance to escape, tumbling out of the hole that imprisoned her, leaving her free to uncover the truth about what happened to her all those years ago. Only something else has escaped with her. Something dark. Something powerful.
And to find the truth, she will have to track this beast to the very heart of the Old City, where the rabbit waits for his Alice.


Oh.mein.Gott: Das ist mein Buch! 
Durch Zufall bin ich auf die Alice Chronicles, von denen es bisher 2 Bände gibt, gestoßen und ich konnte einfach nicht anders, als es sofort auf meine Leseliste für den Oktober zu setzen.
Wer das  Videospiel Alice oder Alice - Madness Returns kennt (stümperhaft zusammengefasst: durchgedrehte Alice kämpft sich mit blutverschmierter Vorpal-Klinge durch düstere Albträume und metzelt enstellte Kreaturen nieder), der kann sich etwa vorstellen, was ihn in diesem Buch erwartet!

Follow the bloody Rabbit!

Deutsch
In einem Gewirr aus bröckelnden Gebäuden und verzweifelter Menschen, das man die Old City nennt, steht ein Krankenhaus mit Ziegelsteinwänden, von denen die Schreie der armen Seelen im Inneren widerhallen. Im Krankenhaus ist eine Frau. Ihre Haare, einst blond, hängen wirr über ihren Rücken. Sie kann sich nicht erinnern, warum sie an so einem schrecklichen Ort ist - nur eine Teeparty vor langer Zeit und lange Ohren und Blut ... Dann, eines Nachts, gibt es ein Feuer im Krankenhaus, das ihr die Chance gibt, zu fliehen. Sie stolpert davon in das Loch, das sie einst gefangen hielt und sie dann frei ließ, um die Wahrheit darüber zu enthüllen, was ihr vor all den Jahren passierte. Aber noch etwas anderes ist mit ihr entkommen. Etwas Dunkles. Etwas Mächtiges. Und um die Wahrheit zu finden, muss sie dieses Biest bis ins Herz der Old City verfolgen, wo das Kaninchen auf seine Alice wartet.
Protagonistin Alice befindet sich seit etwa 10 Jahren in einer schrecklichen Psychiatrie, völlig verwahrlost, mit Medikamenten ruhiggestellt und mit einer entsetzliche Narbe quer durch das Gesicht gezeichnet. Sie kann sich nicht erinnern, welche Umstände sie in dieses Asylum gebracht haben. Alice weiß nur, dass ein grausamer Mann - the Rabbit - ihr dies angetan hat und dass ihre Familie, die sie einst liebte, sich völlig von ihr abgewendet hat.

Der einzige Trost sitzt in der Zelle nebenan: Hatcher, ein Massenmörder, zu dem sich eine innige Freundschaft aufbaut, während sie sich durch ein Mauseloch in der Wand verständigen. Als ein Feuer die Psychiatrie zerstört, verhilft Hatcher Alice zur Flucht, nicht ahnend, dass in der Welt draussen, noch viel schrecklichere Gefahren lauern. Denn mit ihnen ist auch ein Monstrum entkommen, dass sich von Angst nährt und kurz davor ist, die gesamte Old City zu verschlingen.

Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach der Vorpal Klinge, denn nur mit dieser lässt sich das Biest bezwingen. 

Alice ist eines der düstersten Bücher, das mir je zwischen die Finger gekommen ist. Die vom Zerfall gezeichnete, vor Dreck und giftigem Abfall triefende Old City steht in krassem Gegensatz zu der strahlenden New City, mit ihrer wohlhabenden, piekfeinen Gesellschaft. Der Kontrast zwischen diesen beiden Städten ist überdeutlich: der Gestank der Abwasserkanäle, das Leid der armen Bewohner und der Smog, der über die Old City wabert, waren beim Lesen zum Greifen nah. In der New City hingegen versucht das Ministerium  den Abschaum von ihren Mauern fernzuhalten und überlässt die ohnehin schon völlig verwahrloste Stadt sich selbst.

Die Bilder, die hier enstehen, haben es in sich: in dieser Stadt stehen nämlich Zwangsprostitution, Vergewaltigungen, Sklaverei, Menschenhandeln, Mord und Totschlag an der Tagesordnung. Die verschiedenen Distrikte der Old City stehen unter der Vorherrschaft der grausamsten Männer, die diesem Loch entsteigen konnten:  
The Caterpillar (die Raupe), The Walrus (das Walross), The Carpenter (der Zimmermann) und Cheshire Cat (die Grinsekatze). All diese Figuren, wohlbekannt aus Lewis Carrolls Originalfassung und bis dato flauschig und nett, sind hier die reinsten Warlords und nichts anderes als perverse Sadisten und eiskalte Menschenhändler.  

Und so kämpfen sich Alice und Hatcher ihren blutigen Weg durch die Distrikte, das Monstrum, das es zu töten gilt, immer im Nacken. 

Die Autorin schafft eine höchst verstörende und beklemmende Atmosphäre. Oft musste ich einige Passagen zurück blättern, weil ich nicht glauben konnte, was ich gerade gelesen habe. Da werden verstümmelte, nackte Frauen in Schmetterlingsgläsern gehalten oder ganze Straßenzüge mit Leichen übersät, wenn der Jabberwocky in Raserei gerät.

Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein: diese Version von Alice ist kein Kinderbuch. Es hat nichts mit flauschigen Kaninchen oder kichernden Schmetterlingen zu tun - und wenn, dann nur in höchst grotesker Art und Weise. 

Doch trotz aller Brutalität, kommen Freundschaft, Liebe und Hoffnung auch in diesem Buch nicht zu kurz. Sogar der axtschwingende Massenmörder Hatcher ist nicht einfach nur ein Psychopath. Seine tragischen Beweggründe lassen durchaus ein gewisses Verständnis für seine Taten aufkommen. Zumindest ein bisschen.

Alice und Hatchers Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Zwischen all den Halluzinationen und Wahnvorstellungen zeichnet Christina Henry ein durchdachtes Bild der beiden und verleiht den Figuren die nötige Tiefe und Glaubwürdigkeit.

Aber (und dies ist ein gewaltiges aber) ein großer Kritikpunkt betrifft das Ende - oder besser das letzte Drittel - des Buches. So detailverliebt und ausschweifend die Autorin die Handlung ausmalt, so turbulent und überstürzt handelt sie das Finale ab. Da reiht sich Actionszene and Actionszene und es fühlt sich ein wenig danach an, als wäre für einen angemessenen, sich zuspitzenden Show-Down schlichtweg keine Zeit mehr gewesen. Schade, denn diesen hätte ein so geniales Buch absolut verdient!


Liebhaber des Horror-Genres kommen hier voll auf ihre Kosten! Wer Lust hat, sich auf eine Reise in eine verzerrte Welt zu machen und auch mal eine andere Seite von Alice im Wunderland erleben will, ist mit diesem Buch bestens unterhalten.

Eine klare Absage allerdings an Leser, die keine explizite Gewalt oder sehr harte Themen in Büchern lesen möchten. In dieser Story geht es richtig zur Sache. Nicht nur körperliche Gewalt an Unschuldigen, sondern auch seelische Qualen nehmen eine zentrale Rolle in Alice ein.
rechts: Lost Boy, eine dunkle Interpretation von Peter Pan
Dieses Buch ist definitiv keine leichte Kost!

Trotz des schwachen Finales ist Alice ein echter Pageturner mit spannender Handlung, einem fantastischen Schreibstil, bedrückender Atmosphäre und tollen Charakteren.

Leider sind die Bücher bisher nicht ins Deutsche übersetzt. Wer allerdings über einigermaßen fundierte Englischkenntnisse verfügt, sollte mit Henrys Schreibstil keine größeren Probleme haben!

Der zweite Band steht zum Glück schon in meinem Regal und ich werde mir Alice - Red Queen auf keinen Fall entgehen lassen!


Von mir gibt's 


Kleiner Pro-Tipp von mir:
Hört unbedingt mal in den Soundtrack des Games Alice - Madness Returns rein!
Ich liebe diese Musik sowieso schon, seit ich sie im Spiel gehört habe, aber die Kombi aus Soundtrack und diesem Buch verstärkt die Bilder, die im Kopf enstehen, nochmal um ein Vielfaches. Nur nicht verrückt werden! :)






Liebst,



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen